Das Glücksgefühl ist laut WHO eine wichtige Voraussetzung für unsere Gesundheit. Sich aus medizinischer Sicht mit der Frage nach dem Glück zu beschäftigen kann allerdings so illusorisch sein wie die Suche nach dem Heiligen Gral. Allein schon die Definition des Glücks gibt zu diskutieren; sie beinhaltet verschiedenste Aspekte wie Wohlbefinden, gute Laune, Freude, Energie, Optimismus, Humor, oft auch Erfolg im persönlichen und beruflichen Leben, harmonische familiäre und erfüllte soziale Beziehungen. Es ist klar, dass Krankheiten dieses Glücksgefühl beeinflussen. Yoichi Chida und Andrew Steptoe sind nun der Frage des Einflusses von Glück auf unsere Gesundheit anhand der bisher publizierten observationellen Studien vertieft nachgegangen [1].

 

Zusammengefasst: 19 Studien haben gezeigt, dass ein Glücksgefühl oder Wohlbefinden mit einer 18%-igen Reduktion der Mortalität an kardiovaskularen Erkrankungen einhergeht, dies offenbar unabhängig von Alter und initialem Gesundheitszustand.
Kurz: Glücklichsein wirkt sich positiv auf unsere Gesundheit aus. Das scheint zwar selbstverständlich, es bleibt aber die Frage, wie dieser Effekt zustande kommt. Sind Personen, die sich als glücklich bezeichnen, häufiger Nichtraucher, körperlich aktiver, essen sie gesünder?
Physiologisch gesehen produzieren glückliche Menschen im Allgemeinen weniger Kortisol und haben einen tiefen Level an entzündlicher Aktivität. Es sei daran erinnert, dass Depressionen oft mit Anomalien des neuroendokrinen Systems und mit einem erhöhten Kortisolspiegel im Blut einhergehen. Man behauptet auch, dass unser Frontalhirn und das limbische System in der Entstehung des Glücksgefühls eine Rolle spielen und gleichzeitig auch unser neuroendokrines System beeinflussen. Das sind interessante Beobachtungen, aber man muss zugeben, dass bisher in keiner  Interventionsstudie der Nachweis erbracht worden ist, dass man durch Verschreiben von Glück die Gesundheit erhalten könnte!
Nun ist kürzlich in einer Publikation der Professoren James H. Fowler und Nicholas A. Christakis von der Harvard Medical School eine neue Forschungsrichtung vorgestellt worden [2]. Diese Autoren gingen der Frage nach, ob vielleicht Glück in einem sozialen Netz von einer Person auf die andere übertragen werden könnte. Die Studie ist komplex; trotzdem möchte ich versuchen, in aller Kürze das Wesentliche zusammenzufassen.
4739 Probanden wurden aus der Framingham-Kohorte in Boston ausgewählt und aus deren sozialem Umfeld weitere Personen in die Studie eingeschlossen. Sie wurden eingeladen, zwischen 1983 und 2003 an einem Programm von sieben Sitzungen mit Interviews und strukturierten Fragebögen teilzunehmen, mit denen untersucht wurde, wie glücklich die Probanden sich – gemessen an den oben erwähnten Kriterien – fühlten. Obwohl die Studienresultate möglicherweise von einem Selektionsbias beeinflusst wurden, ergeben sich aus der Arbeit einige interessante Schlussfolgerungen. Es gibt offenbar soziale Netze, in denen sich nicht nur spontan glückliche Menschen untereinander austauschen, sondern Glück sich vom einen auf den anderen überträgt. Hier einige Beispiele aus der Studie: Wenn einer Ihrer Freunde im Umkreis von weniger als 1,6 km lebt und glücklich wird, dann erhöht das die Chance, dass auch Sie selbst glücklich sind, um 25%. Je weiter weg der Freund wohnt, desto mehr nimmt dieser Effekt ab. Ein Effekt besteht noch bis zum dritten Bekanntschaftskreis, d.h. dass auch die Freunde Ihrer Freunde Ihr Glücksgefühl beeinflussen können, sofern sie nahe genug wohnen. Auch wenn Ihr Nachbar glücklich ist, hat das einen Einfluss; es erhöht die Chance, dass auch Sie glücklich sind, um 34%! Leider besteht kein solcher Effekt unter beruflichen Bezugspersonen. Der Einfluss nimmt auch mit der räumlichen und zeitlichen Distanz ab.
Zu diesem im British Medical Journal erschienenen Beitrag wurde in derselben Nummer von Andrew Steptoe und Ana V. Diez Roux ein Editorial erfasst [3]. Die Autoren beschäftigen sich mit der leicht verwirrenden Hypothese, dass die psychosozialen Determinanten unserer Gesundheit möglicherweise durch unser soziales Netz vermittelt werden. Angesichts der Tatsache, dass das Glücksgefühl uns offenbar mindestens teilweise vor Unfällen und erhöhter kardiovaskulärer Mortalität schützt, ist diese Studie sicher bedeutsam! Welche Perspektiven folgen daraus? Man könnte sich Studien vorstellen, die der Frage nach der Vererbbarkeit von Glück nachgehen, und natürlich von einer ganz grossen Interventionsstudie träumen, wo auf den Rezepten folgende Anweisung steht: Lächeln Sie und seien Sie glücklich!

 

Literatur:
1 Chida Y, Steptoe A. Positive psychological well-being and mortality: a 3 Steptoe A, Diez RouxAV Happiness, social networks, and health. BMJ. quantitative review of prospective observational studies. Psychosom 2008;337:a2781.Med.2008;7:741-56.2  Fowler JH, Christakis NA. Dynamic spread of happiness in a large socialnetwork: longitudinal analysis over 20 years in the Framingham Heart Study. BMJ. 2008;337:a2338.